Tour zur Tübinger Hütte: Winterraum-Gefühle und gastronomisches Highlight
Zum Winterraum der Tübinger Hütte: Diese Wanderung hat immer noch einen fast magischen Klang für mich. Lange Jahre war die Tour dorthin der Abschluss der Hochgebirgs-Sommersaison für die DAV-Sektion Nagold. Jedes Jahr nach offizieller Hüttenschließung, meist im Oktober, ging es über den spannendsten Weg, der wettertechnisch machbar war, hoch auf knapp 2200 Meter zur Tübinger Hütte. Nach der Ankunft in der Hütte, die oft in Nebel und Schnee gesucht werden musste, wurde im Bach gebadet, ein Feuer im Ofen gemacht und ein Abendessen, bestehend aus 10 verschiedenen Maggi-Fertigsuppen, aufgesetzt. Dass stets die ein oder andere mitgebrachte Flasche Wein geköpft wurde, war uns acht, neun- oder zehnjährigen Kindern nicht bewusst – und auch nicht, dass das gemächliche Aufstehen am nächsten Morgen damit im Zusammenhang stehen könnte.
In die geistigen Fußstapfen dieser Tour begaben wir uns, als wir am 23. und 24. September, dem letzten Wochenende, an dem die Tübinger Hütte offiziell geöffnet war, dorthin aufgebrochen sind. Wir – das sind Josef Hunkenschröder mit dreien seiner Kinder (Elena samt Schwiegersohn Stefan, Johanna und mir, Manuel) sowie drei Enkelkinder (Keter, Sophie und Lina). Nach einer miserablen Wettervorhersage (Nebel, Schnee, Temperaturen unter dem Gefrierpunkt) und Regen im Tal in Gaschurn fuhren wir mit der Versettlabahn bis zur Mittelstation und begannen mit dem entspannten Aufstieg.
Schlechtes Wetter, gute Erinnerungen: Eine typische Wanderung durchs Garneratal
Der Regen wurde zu einem leichten Nieseln und hörte schließlich ganz auf, und kurz hinter dem Maiensäß Ganeu zeigte sich das Garneratal in seiner ganzen rustikalen Schönheit. Für Elena und mich wurden Erinnerungen wach: Hier war doch Mitte der Neunziger der Film „Schlafes Bruder“ gedreht worden, in einem hier als Requisite aufgebauten Bergdorf, mit der Kirche, und einem Schulhaus, dessen Bänke uns damals schon zu klein vorgekommen waren.(hier zu sehen: www.youtube.com/watch )
Nach einer kurzen Vesperpause an der Alpe Garnera ging es dann am hohlen Stein vorbei die letzten Höhenmeter zur Tübinger Hütte hinauf. Nebel, Schnee und rutschige Steine wurden von Sophie und Lina mit den Worten kommentiert, dass es sich jetzt endlich um eine“ richtige Bergtour“ handle, nicht um einen Spaziergang auf einer breite, von Autos befahrbaren Straße.
Tübinger Hütte: Inbegriff der Gastfreundlichkeit
Nach der Ankunft wurden wir durch Hüttenwirt Tim herzlich begrüßt. Eine Hütte steht und fällt in meiner Erfahrung immer mit der Person des Hüttenwirts: Hat dieser das Herz am rechten Fleck, wird aus einer kleinen, unkomfortablen Baracke mitten in den Bergen ein gemütliches Refugium. Andererseits hat wohl jeder, der schon in den Bergen unterwegs war, den Prototypen des grummeligen, unsympatischen Hüttenwirts getroffen, der allen Gästen die Übernachtung zur Hölle macht. Bei der Auswahl von Tim hat die Sektion Tübingen jedenfalls ein goldenes Händchen bewiesen: Der relativ junge Hüttenwirt ist freundlich, lustig, hilfsbereit, und offensichtlich mit einem guten Gespür für Küchenpersonal ausgestattet.
Die Vorteile dieser Konstellation bekamen wir bald zu spüren: Nachdem wir die gut gelungenen Umbauten der letzten Jahre gebührend bewundert und uns in den eiskalten Duschen frischgemacht hatten, gab es das beste (und reichhaltigste) Abendessen, welches ich jemals auf einer Berghütte bekommen habe: Flädlesuppe, Braten mit Kartoffelbrei und Speckbohnen, köstliche Spinatknödel für die Vegetarier und als Nachspeise einen flüssigen Schokokuchen im Glas. Himmlisch!
Abstieg durch den Fenggatobel
Am nächsten Morgen besichtigten wir den neu gestalteten Winterraum. Die Kinder staunten über die Einträge ihrer Eltern ins Hüttenbuch, das bis in diese Zeit zurückreicht. Anschließend stärkten wir uns mit einem leckeren und reichhaltigen Frühstück. Der Abstieg begann im dichten Nebel, dem auch die angedachte Tour über das Hochmardererjoch zum Vermuntstausee zum Opfer fiel. Als das Wetter schließlich aufzog, zeigte sich das Silvrettagebiet noch einmal in seiner ganzen Schönheit. Nach einem Abstieg durch den Fenggatobel erreichten wir schließlich wieder Gaschurn. Die Kinder und der Opa waren stolz auf ihre Wochenendleistung. Immerhin hatten wir am Samstag 14km mit 825m An- und 120m Abstieg und am Sonntag 12,5km bei 1250m Abstieg geschafft, und das bei teils schwierigen Verhältnissen.
Für uns war es sehr schön, die alten Erinnerungen noch mal aufleben und gleichzeitig die nächste Generation daran teilhaben zu lassen. Was mich aber am meisten freut: Dass man die Tübinger Hütte mittlerweile wieder ausnahmslos weiterempfehlen kann – als Basecamp für Wanderungen, Klettertouren oder Bouldersessions, aber auch als gastronomisches Highlight, welches sich vor dem Angebot im Tal in keinster Weise verstecken muss.